Hier geht es an das Herz der ‚freiheitlichen Kulturen‘ und auch das Zentrum jeder Persönlichkeit. Die Titelaussage wird von jedem auf verschiedene Weise ausgelegt. Hier liegt ein Schlüssel zum Auffinden und Bearbeiten der Stellschrauben, die einer ökologischen Lebensführung im Wege stehen – wie ein Gebirgsmassiv. Doch das ist nicht unüberwindlich.
Was kennzeichnet westliche Kultur in einer spontanen Sammlung von Merkmalen?
- hohe (materielle) Versorgungsansprüche stellen
- hohe Sicherheitsansprüche stellen
- sich selbst viel erlauben, gestatten, ‚herausnehmen‘ wollen
- sinnlichen Genuss anstreben
- gesellschaftlichen Status anstreben
- Sach-, Geld- und Grundbesitz anstreben
- Macht ausüben wollen
Diese Liste geht nur auf ein kurzes persönliches Brainstorming zurück und soll nicht perfekt sein. Ich will hier gleich im Anschluss danach fragen, was nicht in dieser Liste steht, was jedoch wichtig für ein sinnvolles Leben in persönlicher Integrität ist:
- einen wertvollen Beitrag für das gesellschaftliche Miteinander leisten wollen
- bereit sein, den eigenen Wünschen und Ansprüchen Grenzen zu setzen
- sinnvolle Tätigkeiten ausüben wollen
- die eigenen Ressourcen ebenso nicht ausplündern wie auch alle externen
- die eigene Integrität hoch achten
- dazu in gleicher Weise anderes Leben (bzw. Dasein) wertschätzen
- danach zu fragen, worauf ich im Leben vertrauen will (woran ich ‚glauben‘ will), dass es ‚richtig‘ ist und ‚gilt‘
Auch hier steht nur ein kurzes Sammeln von persönlichen Reaktionen auf das erste Brainstorming ohne jedes Anstreben von Vollständigkeit. Was unterscheidet beide Aufzählungen?
- Im Wesentlichen konzentriert sich die erste Liste auf Ansprüche, was das Leben einem ‚bringen‘ soll – so als habe es eine Bringschuld gegenüber dem Individuum, die es zu erfüllen habe. Diese Schuldigkeit beläuft sich vor allem in Bezug auf Geld, Sachen, Genuss, Besitz, Macht und eine gewisse Willkürlichkeit in Bezug auf die eigenen Ansprüche an das Leben.
- Im Gegegsatz dazu stehen im Zentrum des zweiten Brainstorming Fragen nach Sinn und Gegenseitigkeit. Es geht dabei auch um Möglichkeiten und Grenzen eigenen und fremden Strebens – mit einem klaren Blick auf zu schützende Belastbarkeitsgrenzen von sich selbst und der eigenen Mitwelt. Es wird nach einem erfolgreichen persönlichen Beitrag zu einer lebenswerten Welt gefragt. Dazu gehört auch die Entwicklung eines persönlichen Glaubens.
Die militärische und wirtschaftliche Dominanz der ‚westlich orientierten‘ Kulturen bzw. Staaten erscheint dabei als sichtbarer Ausdruck der ersten Brainstorming-Liste. Da wird selbst willkürlich bestimmt, was mein Glück ausmachen soll und dass alles bekämpft werden kann, was sich diesem Glück in den Weg stellen sollte.
Der zweite Pol stellt dieser Art von willkürlich selbstbestimmtem ‚Glück‘ etwas gegenüber, was sich eher als ein Streben nach Zufriedenheit bezeichnen lässt. Dieses Suchen richtet den Blick sowohl auf das eigene Innere wie auch auf das außerhalb von mir Existierende. Es soll beiden gleichermaßen gut gehen – aufbauend auf der Annahme, dass ein Wohlsein des einen ohne das des anderen nicht zu verwirklichen ist.
Nicht zufällig stellt mein Blog den zweiten Pol in den Vordergrund. Der erste bestimmt ja ohnehin weitgehend unseren hier gelebten Alltag und verdrängt im doppelten Wortsinne den zweiten: Er will nichts davon wissen und darum wertet er diesen als ‚irrelevant‘ ab. So funktioniert anti-ökologische Kultur und wir leben in ihr. Du und ich sind ein Teil von ihr und haben es als Lebensaufgabe, diese ungute Verstrickung aufzulösen, wenn das eigene Leben gelingen soll. Stellen wir uns dem!