11. Eine praktische Utopie für alle: In einer Generation um den Faktor 10 entmaterialisieren

 

Dahinter verbirgt sich eine einfache Idee: Absolut vorrangiges Problem für jeden ökologischen Lebenswandel ist die übliche Ressourcen-Verschwendung. Alle CO2-Rechner singen davon ein Lied, indem sie den reichen Industrienationen einen 5-10-fachen CO2-Ausstoß dessen attestieren, was für die Erde maximal als vertretbar gilt.

Hieraus resultiert der Gedanke, den persönlichen wie auch den allgemeinen Umgang mit Ressourccen auf etwa ein Zehntel des bisher Üblichen zu mindern. Das setzt einen bewussten und kreativen Umgang mit ihnen voraus, denn es soll ja nicht an echter Lebensqualität gespart werden. (ein Beispiel: Versorgung mit reinem Windstrom hat einen etwa 75-fach kleineren ökologischen Rucksack als die mit dem bei uns üblichen Strommix. Bei gleichem Strombedarf ist der Ressourcenverbrauch nur noch 1,3% von dem heute üblichen.)

Wir haben also neu zu lernen, wovon bisher kaum jemand eine Ahnung hatte: Welche Gegenstände und deren Nutzung bringt welche Ressourcen-Vernutzung mit sich? Was ist wirklich nötig und wieviel davon? (ein weiteres Beispiel: Nichts benötigt üblicherweise so viele Ressourcen wie Neubauten von Ein- und Mehrfamilienhäusern. Konsequente Sanierung von bestehenden Gebäuden, die nach ökologischen Krterien und dazu passenden Materialien erneuert werden und maximal Neubau von reinen Ökobauten mit geringerer Wohnfläche wie auch mit geringem Energiebedarf können auch hier sehr große Einsparungen ermöglichen.) In diesem Bereich kann in absoluten Zahlen mehr eingespart werden als in jedem anderen Bereich. Aber es ist dennoch nur einer von vielen.

Das Einsparpotential beim Umstieg auf ‚tierarme‘ Biokost ist ebenfalls enorm, wenn auch nicht um den Faktor 10. Allerdings entallen damit Kunstdünger, Antbiotikagabe, Genmanipulation, Massentierhaltung und dergleichen. Das Grundwasser wird geschont, Tiere werden artgerechter gehalten. Möglichst viel Frisches anstatt mit viel Energie und Müll verbundenes industriell Verarbeitetes kaufen und darauf achten, dass kaum etwas zu Müll wird. Auch die Essensportionen gerne ‚knapp‘ halten. Erste Anzeichen von Sattwerden beachten und nicht ‚reinpacken was geht‘.

Im Bereich der eigenen Kleidung ist der Faktor 10 ebenfalls leicht realisierbar: Es wird nur noch fair und Bio-Produziertes gekauft. Das kostet zwar zunächst deutlich mehr als Wegwerfware vom Discounter, wird dann aber wertgeschätzt und aufgetragen bzw. an andere weitergegeben. Du trägst dann nur noch wenige ‚Lieblingsstücke‘.

Das gilt in ähnlicher Weise für Wohnungseinrichtung: IKEA ist dann out und im Material Wertiges, auch Gebrauchtes ist gefragt. Auch hier wird wie bei Wohnraum aufgearbeitet und kann über Generationen schön wie auch nützlich sein. Ich füge hier auch gleich Haushaltgeräte wie auch Werkzeuge mit ein. Sie sind dann langlebig und reparaturfreundlich konstruiert. Geplante Obsoleszenz (die gewollte Kurzlebigkeit seitens der Hersteller) ist dann völlig out. Weitere Ersparnisse bringt die gemeinsame Nutzung von Geräten, die nicht mehr jeder für sich besitzen will. Das jedoch will gelernt sein.

Ein Blick auf die Mobilität – heute eine nicht immer berechtigte Freiheit für freie Bürger. Unsere Autos, in denen zu 90% nur eine Person transportiert wird, sind viel zu schwer, denn sie transportieren nur 5 bis 10% ihres Eigengewichts. Diese Massen gefährden gleichzeitig andere Verkehrsteilnehmer. Außerdem stehen sie mehr als 90% ihres Dasein unbenutzt herum. Von heute üblichen 750 bis 2500 kg Leergewicht sind 250-750 kg problemlos machbar, wenn konsequent auf Leichtbau und Elektroantrieb gesetzt wird. Erneuerbare Energien als Antrieb ersparen viel Ressourcenverbrauch, wenn auch die Akkutechnik hier eine Schwachstelle ist. Carsharing erfordert nur noch einen Bruchteil an Fahrzeugen. Das Zusammenlegen von Fahrstrecken hilft weiterhin sparen. Kürzere Wege zu Fuß erledigen und wenn möglich das Fahrrad zu nehmen oder (in städtischen Bereichen mit kurzen Taktraten) öffentliche Verkahrsmittel nutzen bieten weitere Einsparpotentiale.

Im Bereich der privaten Ressourcenverschwendung bleiben noch zwei Bereiche: Mediennutzung und Wärmeenergie. Medien bedürfen für ihre Herstellung und Nutzung viele Rohstoffe für Geräte wie auch Infrastruktur und Energie. Es geht um Printmedien, Fernseher, DVD-Geräte, Computer/Laptop, Smartphone. Sie alle sind in Herstellung und Nutzung aus Sicht der Umwelt höchst problematisch. Ihre Nutzung ist durch rasche Innovationen zudem noch zeitlich auf kurze Perioden beschränkt, nach denen das Neue das ‚Alte‘ verdrängt und entwertet. Hier ist ein konsequentes Recycling oberste Pflicht – doch sollten längere Laufzeiten durch Nachrüstbarkeit bei modularem Aufbau möglich werden. Wo die Innovation nicht zwingend ist, ist Langlebigkeit und Reparaturfreundlichkeit oberstes Gebot. Die Nutzung will ohnehin mit Verstand betrieben werden: Nur so viel wie nötig anstatt sich unterhalten und sich berieseln lassen – selbst etwas zu tun, bringt im Normalfall mehr Anregung und Erfolgserlebnisse. Ein Smartphone kann reale Kontakte nicht ersetzen.

Wärme benötigt viel Energie und darum zwingt deren Nutzung besonders zur Sparsamkeit. Geringer Heizbedarf einerseits und Nutzung von Solarwärme andererseits sind erste Säulen sparsamen Ressourcenverbrauchs. Die Natur bietet hervorragende, nachwachsende und nicht zu Sondermüll werdende Dämmstoffe (und Baustoffe). Ausreichende eigene Bewegung hält den Kreislauf in Schwung und ausreichende Kleidung tut in der kalten Jahreszeit auch viel dazu, sich mit geringeren Temperaturen wohl zu fühlen.

 

Ich sehe großes Potential für jeden, der seinen ökologischen Rucksack ernsthaft zu einem kleinen Bruchteil gesundschrumpfen will. Die Änderungen sind allerdings nicht immer alleine machbar, sondern erfordern den Zusammenschluss mit anderen Gleichgesinnten. Eine Einflussnahme über den privaten Bereich hinaus bis hinein in Politik und Wirtschaft ist äußerst hilfreich. Die vergangenen Generationen haben gezeigt, dass du ‚denen da oben‘ nicht zu viel überlassen solltest, wenn das Ziel dieser praktischen Utopie innerhalb einer Generation verwirklicht werden soll. Das Private nicht unbedingt ‚first‘, lieber gleichberechtigt mit einem Engagement auch im öffentlichen Bereich. Trau dich! YES WE CAN!